Impuls für November 2024
Seligkeit ist mehr als Glück
(zu Mt 5,1-12a)
„Da hast du aber Glück gehabt!“ Das sagen wir, wenn es in einer schwierigen Situation doch gut ausgegangen ist. Oder aber, wenn jemand im Spiel oder der Liebe das große Los gezogen hat. „Glück gehabt!“.
Ist es aber dasselbe, was Jesus in seinem fulminanten Auftakt zur Bergpredigt meint, wenn er sagt: Selig, die arm sind vor Gott, selig die Trauernden, selig, die keine Gewalt anwenden und Frieden stiften, selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, selig die Barmherzigen, selig, die ein reines Herz haben, selig, die Frieden stiften, selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt und um Jesu willen beschimpft werden.
Neunmal preist Jesus bestimmte Menschen selig. Doch Glückwünsche sind das beileibe nicht. Denn wäre es nicht zynisch, ausgerechnet diejenigen zu beglückwünschen, die ein schlechtes Los gezogen haben, Arme, Trauernde, Bedrängte, Verfolgte …? Wenn Jesus gerade diese Menschen selig preist, dann bedeutet das etwas völlig anderes, als nur Glück gehabt zu haben.
In dem Wort „selig“ versteckt sich der Begriff „Seele“, einem Wort, mit dem moderne Menschen meist nur wenig anfangen können. Die Seele ist kein greifbares Organ, sondern stand in der Vergangenheit für die Mitte des Menschen als dem Ort, wo Gott in uns wohnt und lebt. Wir Christen glauben an einen Gott, der uns trägt, der in uns ist, in uns atmet und uns lebendig macht. Diese tiefe Beziehung zu Gott ist gemeint, wenn man früher von „Gottseligkeit“ sprach. Selig sind in diesem Sinne all die Menschen, die zutiefst mit Gott verbunden sind und bleiben.
Die von Jesus selig gepriesenen Menschen haben aus menschlicher Sicht eben gerade nicht „Glück gehabt“. Jesus teilt hier nicht einfach nette Glückwünsche aus, um die diejenigen zu vertrösten, die die A-Karte gezogen haben. Nein, die von Jesus Seliggepriesenen sind Gott nahe – und Gott ist ihnen nahe. Diejenigen, die Not leiden und bedrängt sind, jene, die ringen um Gerechtigkeit und Frieden … Sie alle sind eben nicht hoffnungslose Träumer oder Looser. Gerade sie sind nicht von allen guten Geistern und erst recht nicht von Gott verlassen! Denn Gott steht auf der Seite derer, die dem Leben dienen und für wahres Leben eintreten. Gott steht zu den Menschen, die unter die Räder seelen- und herzloser Strukturen kommen. Gerade sie preist Jesus selig, denn sie dürfen sich der Nähe Gottes besonders gewiss sein. Sie haben Zukunft! Sie werden glückselig sein!
Als Zuspruch und Trost einerseits, sind Jesu Seligpreisungen dann zugleich aber auch eine Aufforderung an uns alle: Lasst euch nicht vertrösten in dieser oft trostlosen Welt. Arbeitet mit Gottes Hilfe und in der Orientierung an Jesus mit an einer menschlicheren und gottgemäßen Welt. Denn Seligkeit bedeutet, heute und morgen im Sinne der Bergpredigt Jesu zu handeln – damit unser Leben gelingt in der innigen Beziehung zu Gott und heil wird in der Gemeinschaft mit ihm.
Reinhold Walter
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November, 2024