Es gibt drei biblische Bilder für den Heiligen Geist: Zum einen ist dies die Taube. Dieses Symbol ist verbunden mit der Taufe von Jesus. Denn Johannes sah den Geist vom Himmel auf Jesus kommen wie eine Taube (Joh 1,32). Das zweite Bild ist der Wind. Als ein plötzlich vom Himmel herabkommendes Brausen wird das Pfingstereignis unter anderem in der Apostelgeschichte beschrieben. (Apg 2,2). Das dritte Bild ist das Feuer: Die Apostel hatten die Erscheinung von Zungen. Diese sahen aus wie Feuer. Die Feuerzungen verteilten sich und ließen sich auf jeden von ihnen nieder (Apg 2,3).
Auf der Klausurtagung des Gesamtkirchengemeinderates Filderstadt im November 2022 trugen die Kirchengemeinderäte zusammen, welche Projekte und Ideen in den letzten Jahren verwirklicht wurden.
Noch vor der Coronazeit konnten im Sinne einer Ermöglichungspastoral die Projekte Bileam (Bibellesen am Monat), Erzählzelt, Osterkrippe sowie Kirche goes Kneipe erfolgreich umgesetzt werden.
Die Corona-Beschränkungen ab März 2020 regten an, mit neuen pastoralen Formaten zu experimentieren: zum Beispiel Gottesdienste im Freien oder die Hirtenweihnacht. Digital übertragene Gottesdienste waren wegweisend für das ökumenische Gottesdienstprojekt FILmehr. Seit Beginn der Corona-Beschränkungen finden Sie im Internet regelmäßig Impulstexte auf der Homepage der Gesamtkirchengemeinde. Diese gemeinsame Plattform zählt ebenfalls zu jenen Projekten, die von einem engagierten Team getragen werden.
Eine Kreativgruppe der Kroatischen Gemeinde fertigte zu Weihnachten 2020 in Eigenregie eine große Krippe. Ab 2021 machten wir erste Erfahrungen mit der Kirche Kunterbunt, seit letztem Jahr dann mit dem Veranstaltungsformat FilderPilgern. In diesem Winter gab es erstmals einen Winterspielplatz, seit Dezember etabliert sich ein wöchentlich stattfindendes, gemeinsames Kochen und Essen in Liebfrauen und seit Frühjahr gibt es monatlich einen Krabbelgottesdienst in Stephanus. Kroatische Gemeindemitglieder begannen vor einigen Monaten mit Treffen für Neuzugezogene. Und nicht zuletzt fand vor Kurzem erstmals in Filderstadt eine interreligiöse Marienandacht statt.
In der Aufzählung all dieser Initiativen wird deutlich, wie vielfältig und kreativ die Filderstädter Kirchengemeinden unterwegs sind. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Klausur bemerkten rückblickend: Es wurde besonders viel Energie spürbar, wenn man zusammen Ideen entwickelte oder Projekte gemeinsam in der Gruppe verwirklichte.
Und tatsächlich waren (und sind immer noch) bei all den genannten Projekten sehr viele Engagierte (und das sowohl ehrenamtlich als auch hauptamtlich Tätige) in der Planung, der Gestaltung, der Durchführung und der Organisation beteiligt. Sie bringen sich – und das mitunter mit beträchtlichem Zeitaufwand – mit ihrer Kreativität, ihrem Elan, ihren Begabungen, Fertigkeiten und Sachkenntnissen sowie mit ihrer Lebenserfahrung ein.
Viele weitere sinnvolle Ideen und zukunftsweisenden Vorhaben der letzten Jahre sind nicht über das Stadium erster Gedankenspiele hinausgekommen. Es stellte sich nämlich bereits in den Anfängen heraus: Es fehlt an „Energie“ um weitere Schritte zur Umsetzung zu unternehmen. Mit „Energie“ ist nicht nur das notwendige Maß an Begeisterung gemeint, sondern auch Zeit, Geld, Personal sowie Unterstützung und Rückenwind durch die amtliche Kirche.
Die Apostel, die sich nach dem Tod Jesu hinter Mauern zurückzogen, ließen sich durch den Empfang des Heiligen Geistes in Bewegung bringen. Sie öffneten die Türen, gingen hinaus und verkündeten die Nachricht: Jesus ist nicht mehr tot, er lebt! Ihr Herz versank nicht mehr in der Hosentasche – um das Bild des Herzens zu gebrauchen. Sie spürten vielmehr so viel „Herzblut“ für die Sache Jesu, dass sie nicht mehr schweigen und tatenlos sein konnten. Die göttliche Geistkraft hatte den Funken zum Überspringen gebracht.
Unsere Referentin im vergangenen November, Beatrix Dörner, orientierte sich bei ihrer Vorbereitung der Klausur an der amerikanischen Professorin für Unternehmertum Saras Sarasvathy und zitierte aus dem Gründerhandbuch für pastorale Startups und Innovationsprojekte. Sie gab den Kirchengemeinderäten und dem Pastoralteam für zukünftige Projekte einer Ermöglichungspastoral folgende Ratschläge:
Macht lediglich das, was eine oder einer will, bzw. wenn es eine bzw. einer will. Das bedeutet, nicht auf den Verdacht, dass Andere einen bestimmten Bedarf haben, etwas zu realisieren, sondern aus eigener Begeisterung und Motivation.
Wenn Ihr eine interessante Idee habt, dann macht keine Marktforschung, sondern sprecht erst einmal ein paar Leute an, die das interessieren könnte. Wenn neun Personen die Idee „bekloppt“ finden und einer sie so gut findet, dass er mitmachen will, dann arbeitet mit dieser Person daran weiter. Es geht darum, sich erst einmal irgendwo zu positionieren und dann zu sehen, was passiert. Man möge bei denjenigen anfragen, die im Moment vor Ort sind, die ansprechbar sind und die – auf eine Einladung hin – Lust haben mitzumachen. Fangt im Kleinen an.
Darüber hinaus gab sie die Empfehlung, Menschen neue Ideen vorzustellen, die nicht einen ähnlichen Geschmack haben wie man selbst und die mit Verhältnissen zwar unzufrieden sind, aber auch bereit, kreativ mit Schwierigkeiten umzugehen.
Sie empfahl, sich nicht alleine mit einer Idee und Vorstellung auf den Weg zu machen. Übersetzt in ein Küchenbeispiel bedeutet das: Kocht nicht alleine, sondern mit anderen zusammen und insbesondere mit solchen Leuten, die einen anderen Geschmack haben!
Als weiteren Rat gab sie den Klausurteilnehmenden mit: Macht nicht zuerst einen Plan wie etwas unter noch zu schaffenden Umständen entstehen könnte, sondern schaut, welches Potential und welche Ressourcen bereits vorhanden sind. Versucht daraus, etwas Neues zu entwickeln.
Am besten, ihr kommt sofort ins Tun! Habt dabei jedoch immer im Blick, dass es durchaus normal ist, Fehler zu machen. Projekte brauchen eine Offenheit für Planänderungen. Sie dürfen auch abgebrochen werden, ließ sie uns wissen.
Das alles sind Rezepte, die Neues ermöglichen, Ideen befördern und Wege zur Umsetzung eröffnen. So kann Ermöglichungspastoral verstanden werden.
Und was hat Ermöglichungspastoral mit dem Pfingstfest zu tun und mit den Symbolen für den Heiligen Geist?
Die Taube, das stürmische Brausen und das Feuer, das sind Bilder dafür, dass göttliche Kraft in den Apostelinnen und Aposteln etwas angestoßen hatte. Sie nahmen den Geist wahr wie Feuer und starken Wind. Sie kamen in der Folge in Bewegung. Aus ihrer Herzensangelegenheit und ihrer Begeisterung entstand eine Bewegung, nämlich die Anfänge der Kirche. Sie bewegten sich nun in einer Kraft, die in ihnen Mut, kreatives Denken und konkretes Handeln freisetzte.
Ermöglichungspastoral lehrt uns, dass wir nur etwas beginnen, wenn „Energie“ da ist. Noch besser ist es, wenn mehrere Personen „Energie“ spüren. Deshalb ist es sinnvoll, genau zu schauen und zu spüren, an welcher Stelle einem selbst oder einer Gruppe Kraft zuwächst. Erst dann kann etwas tragfähig Neues starten, wie wir am Erlebnis der Apostel sehen können.